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Völlig von der Rolle: Steuerliche Konsequenzen rund um Toilettenpapier

15.04.2020  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wer hätte am Anfang des Jahres gedacht, dass Toilettenpapier in 2020 in Deutschland so begehrt sein würde wie einst eine riesengroße Kiste mit Goldmünzen? Unser Fachautor hat einen genaueren (augenzwinkendern) Blick auf die steuerlichen Dinge rund um Toilettenpapier geworfen.

Toilettenpapier ist grundsätzlich entweder einlagig, zweilagig, dreilagig oder mehrlagig erhältlich, darüber hinaus in vielen unterschiedlichen Qualitäten und Farben. Grundsätzlich – denn die Realität in deutschen Verbrauchermärkten sieht derzeit völlig anders aus. In den Verkaufsregalen herrscht gähnende Leere. Die Produzenten von Toilettenpapier arbeiten seit Wochen auf Hochtouren und gehören inzwischen zu den systemrelevanten Produktionsbetrieben.

Ein Kollege hat mir gerade mitgeteilt, dass er noch 5 Packungen hat, also 60 Rollen. Wenn das kein Grund zur Freude ist! Ich selbst habe nur noch 3 Rollen Vorrat und 2 Rollen im Anbruch, und nicht zu vergessen: Im Auto habe ich auch noch eine. Für alle Fälle. Falls mich das Corona-Virus unterwegs heimsuchen könnte. Obwohl ich in geschlossenen Ortschaften stets mit Mundschutz fahre und ausreichend Sicherheitsabstand zu den vor mir fahrenden Fahrzeugen einhalte.

Toilettenpapier hat es sogar bis an die Rohstoffbörse geschafft. Eine Feinunze ist nur für utopisch viel Geld zu haben. Und eine sinnvolle Alternative zum Tagesgeld ist es auch. Da es mündelsicher und deckungsstockfähig ist, eignet es sich sicherlich auch gut für die (betriebliche) Altersversorgung. Vielleicht sollten Sie diesbezüglich bei Gelegenheit einmal Ihren Bankberater konsultieren? Im Zeitalter des social distancing vorzugsweise telefonisch, online bzw. im Live-Chat.

Moment! Was in aller Welt hat dieses Thema in einem steuerlichen Newsletter zu suchen? Ganz einfach: Es geht um die steuerlichen Konsequenzen. Diese sollten Sie nicht unterschätzen.

Soweit Sie Ihren Jahresabschluss noch nicht festgestellt haben, ist zu klären, ob es sich bei den jüngsten Entwicklungen um wertaufhellende oder wertbeeinflussende Tatsachen handelt. Diese sind dann ggf. bei der Bilanzaufstellung für den Bilanzstichtag 31.12.19 zu berücksichtigen.

Soweit Toilettenpapier zu einem Betriebsvermögen gehört, handelt es sich angesichts des utopischen Preisanstiegs inzwischen in steuerlicher Hinsicht nicht mehr um ein geringwertiges Wirtschaftsgut. Daher handelt es sich nach aktueller Rechtsauffassung nicht um eine sofort abzugsfähige Betriebsausgabe, sondern um aktivierungspflichtiges Umlauf- bzw. Anlagevermögen. Leider hat sich das Bundesfinanzministerium bislang noch nicht zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer und zur AfA-Höhe geäußert. Ggf. sind bei nachfolgenden Bilanzstichtagen Teilwertabschreibungen und Wertaufholungen durchzuführen. Derzeit noch unklar ist, ob und welche Verbrauchsfolgeverfahren (z. B. die FiFo oder LiFo-Methode) anzuwenden sind.

Aufgrund der Ressourcenknappheit kommt evtl. die Passivierung von Rückstellungen für die Ersatzbeschaffung von Toilettenpapier in Betracht. Zwangsläufigkeit liegt zwangsläufig vor, und in gewisser Weise auch eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur notwendigen Beschaffung dieses Wirtschaftsgutes.

Soweit die Verwendung des begehrten Wirtschaftsgutes feststeht, sind auch umsatzsteuerliche Fragestellungen zu klären. Soweit das Produkt mitgenommen wird (to go), könnte der ermäßigte Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 % zu Anwendung kommen. Soweit das Dienstleistungselement überwiegt (Verbrauch an Ort und Stelle), käme der Regelsteuersatz in Höhe von 19 % zur Anwendung.

Selbstverständlich ist das Thema auch lohnsteuerlich von großer Bedeutung. Soweit Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber betriebliche Sonderleistungen erhalten, sind diese grundsätzlich sowohl der Lohnversteuerung als auch der Verbeitragung zur Sozialversicherung zu unterwerfen. Das gilt nach aktueller Rechtsauffassung auch für Toilettenpapier.

Zu prüfen ist, ob die Sachbezugsfreigrenze zur Anwendung kommt. Da es sich nach dem derzeitigen Stand der Dinge nicht um eine Geldleistung bzw. Geldersatzleistung (Geldsurrogat) handelt, kommt die Sachbezugsfreigrenze dem Grunde nach zur Anwendung. Aufgrund des utopischen Preisanstiegs ist jedoch davon auszugehen, dass die monatliche Sachbezugsfreigrenze in Höhe von 44 Euro (einschließlich Umsatzsteuer) bei Vollzeitkräften überschritten sein dürfte. Bei Teilzeitkräften empfiehlt es sich, entsprechende Aufzeichnungen als Nachweis zu führen. Die Sachbezugsfreigrenze kommt entsprechend zwar dem Grund nach, aber nicht der Höhe nach zur Anwendung. Das gilt auch dann, wenn diese Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird. Andere Steuerbefreiungsvorschriften kommen nicht zur Anwendung.

Eine Aufmerksamkeit im lohnsteuerlichen Sinne liegt nicht vor, da die Zuwendung von Toilettenpapier grundsätzlich nicht anlässlich eines besonderen persönlichen Ereignisses des Arbeitnehmers gewährt wird. Auch ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers liegt bei der Gestellung von Toilettenpapier grundsätzlich nicht vor.

Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer handelt es sich möglicherweise um eine verdreckte Gewinnausschüttung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gestellung von Toilettenpapier nicht klar und eindeutig und im Voraus im Anstellungsvertrag vereinbart ist. Rückwirkende Änderungen des Anstellungsvertrages sind steuerlich nicht anzuerkennen.

Aber auch Privatpersonen sind betroffen. Aufgrund des utopischen Preisanstiegs könnte es sich um eine außergewöhnliche Belastung handeln, soweit die zumutbare Eigenbelastung in Höhe von 5 % des Gesamtbetrags der Einkünfte überschritten ist. Für Verheiratete gelten die doppelten Werte. Soweit Verluste entstehen und diese im Veranlagungszeitraum nicht ausgeglichen werden können, sind diese gesondert festzustellen.

Übrigens: Zu Einzelheiten hat das Bundesfinanzministerium ein ausführliches Schreiben angekündigt. Wer hätte gedacht, dass man so von der Rolle sein kann!

Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Thematik bei künftigen Steuerveranlagungen, Betriebsprüfungen und Lohnsteueraußenprüfungen für reichlich Gesprächsstoff und für reichlich Meinungsverschiedenheiten sorgen wird. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit wird wohl auch hier vom Bundesfinanzhof gesprochen werden.

Wir werden Sie in gewohnter Weise auf dem Laufenden halten.

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

Hier finden Sie die aktuellen Seminartermine von Volker Hartmann.

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