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Mietpreisbremse per Inkasso durchsetzen

04.09.2020  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Stiftung Warentest.

Klingt gut: Das Online-Portal Conny bietet seinen Kunden an, für sie beim Vermieter auf die Mietpreisbremse zu treten – ohne Kostenrisiko. Die Kunden zahlen nur, wenn es klappt. Die ersparte Miete für fünf Monate geht als Honorar ans Unternehmen. Unser Schnelltest des Vorläufers Wenigermiete.de zeigt, wie das Inkasso-Konzept funktioniert und wie es um Chancen und Risiken steht. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof das Geschäftsmodell bestätigt.

Rechtsdienstleistung für Mieter

Das Inkasso-Portal Conny ist aus Wenigermiete.de hervorgegangen. Das Unternehmen hat die Genehmigung, Verbraucherforderungen bei Unternehmen zu kassieren. Solches Verbraucherinkasso gibt es bereits bei Fluggastrechten und im VW-Skandal. Wenigermiete.de startete mit Mietpreisbremsungen in Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Köln und München. Dort gab es effektive und gut handhabbare Mietspiegel. Inzwischen bietet Conny seine Mietpreisbremsungen in allen Städten und Gemeinden an, in denen ein Mietpreisspiegel gilt.

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Vielerorts sind satte Mietsenkungen drin

Die in Immobilienanzeigen und -portalen geforderten Mieten zeigen: Viele Vermieter in den genannten Städten verlangen wohl mehr als erlaubt; vor allem in innenstadtnahen Gegenden mit früher geringen Mieten dürften reihenweise satte Mietsenkungen drin sein. Beispiel: Ein Mieter aus dem Berliner Stadtteil Neukölln erzwang vor Gericht eine Senkung der Miete um 221,09 Euro pro Monat und spart damit rund 2 650 Euro pro Jahr (Amtsgericht Neukölln, Az. 11 C 414/15, nicht rechtskräftig).

Was müssen Interessierte tun?

Der Einstieg in die Mietpreisbremse über Conny ist leicht und bequem: Interessenten müssen nur die wesentlichen Daten zu ihrer Wohnung eingeben und erhalten sofort die vorläufige Einschätzung, wie viel Euro Mietersparnis maximal drin ist. Anschließend sind etwas genauere Daten gefragt – mit diesen errechnet das Portal genau, wie viel Mietersparnis möglich ist. Einschränkung: Stellt sich später heraus, dass der Vermieter berechtigt war, vom Vormieter mehr Miete zu kassieren als heute zulässig, sinkt die mögliche Mietersparnis. Was der Vormieter im Rahmen des rechtlich Zulässigen gezahlt hat, darf nämlich der Vermieter auch nach den Mietpreisbrems-Regelungen mindestens kassieren. Allerdings: Was Vermieter als Vormiete nennen, verstößt oft selbst gegen die Mietpreisbremse oder ist sonst nicht zulässig.

Ab wann greift die Mietpreisbremse?

Soll es wirklich losgehen, müssen Mieter das Unternehmen verbindlich beauftragen. Das sollten sich Interessenten allerdings gut überlegen. Erster Schritt: Das Unternehmen schreibt den Vermieter an, weist auf die nach Datenlage überzogene Miete hin und verlangt Auskunft darüber, ob die Höhe der Vormiete oder eine grundlegende Sanierung der Wohnung die geforderte Miete ausnahmsweise rechtfertigen. Das ist der Auftakt für die Mietpreisbremse.

Achtung: Mietern muss klar sein: Sobald der Vermieter das Schreiben erhält, kann seine Neigung, auf Mängelmeldungen oder Anfragen (Tierhaltung, Untervermietung, etcetera) kulant zu reagieren, erheblich abnehmen. Die Mietpreisbremse zu nutzen, ist das gute Recht jedes betroffenen Mieters. Der Vermieter hat von Rechts wegen keine Möglichkeit, dies zu verhindern. Mieter müssen sich aber darauf einstellen, dass Vermieter im Gegenzug alle ihre tatsächlichen und vermeintlichen Rechte zur Geltung zu bringen versuchen. Die bisherigen Erfahrungen mit der Mietpreisbremse zeigen: Vor allem große Vermieter tragen Mietpreisbremsversuche mit Fassung und reagieren nicht mit Schikanen.

Gibt es Haken in den AGB?

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wie sie im Februar 2017 für Wenigermiete.de galten, waren in Ordnung . Wir haben sie allerdings nicht erneut untersucht. Einzelheiten in den Geschäftsbedingungen haben sich sicherlich geändert. Wir haben uns aber von Conny versichern lassen: Mieter können ihren Auftrag wie früher bei Wenigermiete.de jederzeit stoppen, ohne dass sie etwas zahlen müssen. Ausnahme: Führt der Einsatz von Conny trotz der Kündigung noch zu einer Mietsenkung, dann steht dem Unternehmen sein Honorar zu. Ansonsten endet der Auftrag erst mit Durchsetzung der Ansprüche oder ihrem Scheitern. Conny-Kunden muss klar sein: Geht der Fall vor Gericht und womöglich auch noch über zwei oder drei Instanzen, kann sich das über Jahre hinziehen.

Wie geht Conny konkret vor?

Die Conny GmbH setzt die Mietpreisbremse fast immer durch, indem sie sich die Forderungen des Mieters gegen den Vermieter abtreten lässt. Im Einzelfall vermittelt sie einen Anwalt, der den Vermieter im Namen des Mieters in die Pflicht nimmt. Rechtlicher Hintergrund: Die in Ausnahmefällen nötige gerichtliche Feststellung, dass eine Miete von nicht mehr als X Euro (X=Vergleichsmiete plus 10 Prozent) geschuldet ist, kann nur der Mieter selbst beantragen. Nur die Forderung auf Erstattung überzahlter Miete und auf Auskunft ist abtretbar. Der Unterschied kann Folgen haben: Vermittelt Conny einen Anwalt und wird das Unternehmen nach Erhebung der Mietpreisbremsenklage insolvent, dann stehen Mieter für die Bezahlung zumindest eines Teils der Gerichtskosten und der Anwaltskosten des Vermieters gerade, wenn es nicht gelingt, den Rechtsstreit trotz der Insolvenz zu gewinnen. Dieses Risiko besteht indes bei jeder Prozessfinanzierung.

Welche Pflichten haben Conny-Kunden?

Es ist Aufgabe der Kunden, Conny korrekt über die Wohnung und den Mietvertrag zu informieren. Das liegt in der Natur der Sache. Macht der Kunde infolge grober Fahrlässigkeit falsche Angaben, durch die der Conny GmbH ein Schaden entsteht, muss er Schadenersatz leisten. Kaum vermeidbare Fehler bei der für die Benutzung des Mietbremsrechner nötigen Bewertung, ob und welche mietwerterhöhende und -verringernde Umstände vorliegen, sind kein Problem; das Risiko trägt Conny.

Was passiert bei Meinungsverschiedenheiten?

Will der Mieter sich etwa gütlich mit dem Vermieter einigen, kann er das stets tun. Das Honorar von Conny richtet sich dann nach der möglichen Mietersparnis. Ist Conny einverstanden mit der Einigung, dann ist die Mietersparnis, wie sich sich aus der Vereinbarung ergibt, die Grundlage für die Berechnung des Honorars. Ansonsten gilt: Der Streit mit dem Vermieter geht weiter, so lange Conny ihn nicht für aussichtslos hält oder der Mieter den Auftrag storniert.

Fazit: Klagen ohne Risiko

Das Angebot von Conny ermöglicht tatsächlich die Mietpreisbremsung ohne nennenswertes Prozesskostenrisiko. Allerdings: Auch wer sich selbst einen Rechtsanwalt sucht, hat zumindest dort kein besonders hohes Kostenrisiko, wo ein gut handhabbarer Mietspiegel gilt. Wer Mitglied im Mieterverein ist oder eine Rechtsschutzversicherung mit Mieterschutz hat, braucht in der Regel auch nichts für die Mietpreisbremse zu zahlen und kann die gesamte Mietpreissenkung in die eigene Tasche stecken. Wer die Sache selbst in die Hand nehmen will: Hilfestellung bietet test.de mit dem Special "Wie Sie sich gegen zu hohe Mieten wehren".

Bundesgerichtshof bestätigt Geschäftsmodell

Inzwischen hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Geschäftsmodell bestätigt. Einzelne Gerichte waren zuvor (entgegen der Rechtsauffassung der Stiftung Warentest) der Meinung, dass Conny Rechtsanwälten vorbehaltene Rechtsdienstleistungen anbiete und nicht bloß Prozessfinanzierung und Verbraucherinkasso betreibe. „Die [...] Prüfung [...] ergibt, dass die im vorliegenden Fall für den Mieter erbrachten Tätigkeiten [...] (noch) als Inkassodienstleistung [...] anzusehen und deshalb von der erteilten Erlaubnis gedeckt sind“, findet der BGH.

Bild: kschneider2991 (Pixabay, Pixabay License)

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