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Arbeitnehmer in Deutschland werden unruhiger – Sorge vor Jobverlust nimmt zu

31.07.2019  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst & Young GmbH.

Der deutsche Wirtschaftsmotor stottert – und die Arbeitnehmer werden zunehmend unruhiger: Die Sorge vor einem Jobverlust ist größer geworden – gleichzeitig nimmt auch die Bereitschaft zu, den Arbeitgeber zu wechseln. Nur noch zwei von fünf Arbeitnehmern in Deutschland halten den eigenen Arbeitsplatz für sehr sicher, bei der vorangegangenen Umfrage vor zwei Jahren hielt ihn noch mehr als die Hälfte (53 Prozent) für sehr sicher.

17 Prozent der Beschäftigten schauen sich zudem auf dem Arbeitsmarkt um, 2017 haben nur acht Prozent nach einem neuen Arbeitgeber gesucht. Weitere 19 Prozent sind zwar nicht direkt auf der Suche – würden aber, mit dem richtigen Angebot konfrontiert, den Arbeitgeber wechseln.

Insbesondere die Beschäftigten im Maschinenbau sind derzeit bereit zum Absprung: 21 Prozent suchen aktiv oder gelegentlich nach einem neuen Arbeitgeber. Ausschlaggebend für die hohe Wechselbereitschaft dürfte die Angst vor einem Jobverlust sein: Fast die Hälfte (48 Prozent) der Beschäftigten im Maschinenbau schätzt ihren Arbeitsplatz derzeit als nicht sicher ein.

Auch im Bereich Banken, Versicherungen, Finanzdienstleistungen ist der Anteil der Beschäftigten, die sich auf dem Arbeitsmarkt umsehen, mit 17 Prozent hoch.

Das sind Ergebnisse der alle zwei Jahre durchgeführten EY-Jobstudie, für die mehr als 1.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland repräsentativ befragt wurden.

Markus Heinen, Leiter des Geschäftsfeldes Personalberatungsdienstleistungen bei EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz sieht auf die Unternehmen unruhige Zeiten zukommen: „In den vergangenen Jahren brummte der Wirtschaftsmotor und Fachkräfte konnten sich ihren Arbeitgeber mehr oder weniger aussuchen. Nun ist der Motor ins Stottern geraten, und das spüren auch die Beschäftigten. Gleichzeitig verändert sich der Arbeitsmarkt: Durch die Technologisierung wandeln sich die Rollen der Beschäftigten – viele Aufgaben entfallen sogar ganz. Die Folge: Die Beschäftigten haben wieder vermehrt Sorge um ihre Jobs und sind eher bereit, den Arbeitgeber zu wechseln.“

Der Maschinenbau leidet derzeit zudem besonders unter der Abkühlung der Weltkonjunktur. So vermeldete der Branchenverband VDMA für den Zeitraum März bis Mai einen Rückgang der Bestellungen um neun Prozent gegenüber dem Vorjahreswert und begründete dies mit der schwachen Entwicklung der exportierenden Industrie. Im Bankenbereich machen vor allem die zunehmende Konkurrenz durch FinTechs und die verstärkte Regulierung zu schaffen – die Institute haben bereits mit Entlassungen reagiert, die die Sorge unter den Beschäftigten weiter wachsen lassen.

63 Prozent wünschen sich mehr Aufstiegsmöglichkeiten

Doch es sind vielfach auch hausgemachte Probleme, die zur Unzufriedenheit von Mitarbeitern führen: Viele Arbeitnehmer haben das Gefühl, im eigenen Unternehmen nicht weiter voranzukommen: Während sich vor zwei Jahren nur 38 Prozent mehr Aufstiegsmöglichkeiten wünschten, ist es inzwischen eine deutliche Mehrheit von 63 Prozent.

Oliver Simon, Leiter der Personalabteilung von EY in Deutschland, Österreich und der Schweiz, beobachtet eine größere Erwartungshaltung bei den Beschäftigten: „Gerade einmal vier von zehn Arbeitnehmern sehen Aufstiegschancen im eigenen Unternehmen – aber immer mehr fordern diese nun aktiv ein. Das gilt insbesondere für Frauen, die mittlerweile deutlich selbstbewusster als noch vor Jahren ihre Karriere verfolgen. Dennoch sind sie in Führungsrollen weiterhin unterrepräsentiert und fordern zurecht Möglichkeiten ein, nach oben zu kommen.“

Anspruch der jüngeren Arbeitnehmer gestiegen

Auch bei den jüngeren Arbeitnehmern ist der Wunsch nach Aufstiegsmöglichkeiten mittlerweile deutlich ausgeprägter. Gerade der Altersgruppe der 30-bis 39-Jährigen reichen die Karrierechancen in ihrem Unternehmen bei weitem nicht: 73 Prozent wünschen sich mehr Aufstiegsmöglichkeiten, bei den Beschäftigten bis 29 Jahre sind es immerhin 67 Prozent. „Tendenziell steigen die Ansprüche der jüngeren Beschäftigten. Während aber die ganz jungen Arbeitnehmer sich neu im Beruf zurechtfinden und noch eher das Gefühl haben, dass ihnen die Welt offensteht, sind gerade die 30- bis 39-Jährigen hungrig nach mehr“, so Simon. „Wird ihnen keine Perspektive geboten, ist die Gefahr von Unzufriedenheit sehr hoch.“

Entsprechend hat die Loyalität gegenüber dem Unternehmen zuletzt deutlich abgenommen. Nur noch 65 Prozent fühlen sich ihrem Arbeitgeber verbunden – deutlich weniger als noch bei den vorangegangenen Befragungen 2017 (82 Prozent) oder 2015 (77 Prozent). Gleichzeitig sagt mehr als ein Drittel (35 Prozent) der Befragten, sich mit ihrem Arbeitgeber wenig bis gar nicht verbunden zu fühlen. 2017 sagten dies 18 Prozent, 2015 waren es 23 Prozent.

Oliver Simon sieht in der zunehmenden Wechselbereitschaft und gestiegenen Erwartungshaltung auch Positives: „Wir haben in den vergangenen Jahren eine gewisse Behäbigkeit beobachtet. Viele Beschäftigte hatten sich auf ihren Posten gemütlich eingerichtet. Das hat sich geändert. Es ist allerdings auch im Interesse der Arbeitgeber, dass die Beschäftigten vorankommen wollen. Davon profitiert im Idealfall das gesamte Unternehmen. Wenn das Wissen um neue Technologien innerhalb des Unternehmens zunimmt und die Beschäftigten am Puls der Zeit bleiben, steigen auch die Chancen, das Geschäftsmodell anzupassen und neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln.“

Markus Heinen ergänzt abschließend: „Personalabteilungen können die Erwartungshaltung der Arbeitnehmer nicht ignorieren und sollten flexible Strukturen im Unternehmen schaffen, die für jede Lebenssituation die passende Lösung bereithält. Das umfasst sowohl Karrierechancen als auch die Möglichkeit, beruflich einen Gang zurückzuschalten – beispielsweise im Fall einer Schwangerschaft oder der Pflege von Angehörigen. Das befreit die Mitarbeiter aber nicht von ihrer Verantwortung: Auch sie müssen sich auf die Herausforderungen durch die Digitalisierung vorbereiten und bereit sein, sich weiter- und fortzubilden. Je schneller sich die Arbeitswelt durch digitale Innovationen ändert, desto wichtiger ist die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen“.

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